Als Pastoralreferentin in der Hochschulpastoral

Von Sabine Kamp

Sommer 2003. Als Pastoralreferentin an verschiedenen Gymnasien und einer Grundschule im äußersten Norden Deutschlands in Sachen katholische Religion unterwegs werde ich gefragt, ob ich mir vorstellen könnte, in der Hochschulpastoral in Kiel zu arbeiten. Ich hatte in Flensburg bereits ein bisschen in die Hochschullandschaft hinein geschnuppert mit einer nebenamtlichen Lehrstelle und einem kleinen Projekt an der Uni in Flensburg. Also warum nicht mal etwas Neues wagen?

Ein neues Dienst-Zuhause erwartete mich. Die KSG (Katholische Studierenden-Gemeinde) lebt, entfaltet sich oder schrumpft und ist untergebracht in einem katholischen Studierendenwohnheim, dem Haus Michael in Kiel, besser bekannt als die größte WG Deutschlands mit seinen über 60 Wohnheimplätzen.

Was bedeutet Hochschulpastoral aus der Sicht einer Pastoralreferentin mit nur einer halben Stelle Beschäftigungsumfang an einem Universitätsstandort von über 30.000 Studierenden? Das Land der tausend Möglichkeiten? Die Gelegenheit in alle Bereiche der Hochschulpastoral Einblick zu nehmen? Einige Zuständigkeitsbereiche seien hier genannt:

  • Planung, Organisation und Durchführung des Semesterprogramms der KSG
  • Gutachterinnentätigkeit für verschiedene Stipendienwerke
  • Mitarbeit in verschiedensten Gremien
  • Seelsorgliche Begleitung
  • Büro- und Verwaltungstätigkeiten
  • Liturgische Aufgaben, Andachten, Auslegung von biblischen Texten
  • Vernetzung mit anderen Organisationen und Gruppen, die ebenfalls im Dienst an Studierenden stehen
  • Kontakt, Austausch mit dem Lehrkörper der Hochschulen
  • Politisches Engagement
  • Internationale und interreligiöse Kontakte

Nicht alle Bereiche sind auszufüllen, da in der Hochschulpastoral im Erzbistum Hamburg gegenwärtig nur wenig pastorales Personal tätig ist. Dennoch erlischt dadurch nicht der Anspruch, auf die Fragen, die Hochschule derzeit an die Hochschulpastoral stellt, auch adäquat zu antworten.

Das Zweite Vatikanum formulierte die Herausforderungen an die Hochschulpastoral wie folgt:

"Weil das Schicksal der Gesellschaft und der Kirche selbst mit der Entwicklung der Hochschulstudenten sehr eng verbunden ist, sollen die Oberhirten der Kirche nicht nur für das geistliche Leben der Studenten an katholischen Universitäten Sorge tragen; sie sollen vielmehr ... nach sachlichdienlichen Beratungen der Bischöfe darauf achten, dass auch an nichtkatholischen Universitäten katholische Studentenheime und Universitätszentren errichtet werden, in denen sorgfältig ausgewählte und vorgebildete Priester, Ordensleute und Laien der studierenden Jugend dauernde geistliche und geistige Hilfe bieten." (II. Vatikanisches Konzil, aus der Erklärung zur christlichen Erziehung.)

Innerhalb des letzten Jahrzehnts hat sich die Hochschullandschaft grundlegend gewandelt. Durch neue Studienordnungen (Bachelor/Master) wurde die Freiheit, mit der die Studierenden ihr Studium gestalten konnten, auf ein Minimum reduziert. Manche bezeichnen die neue Studienordnung gar als Verlängerung der Schulzeit, primär dem Ziel verpflichtet, die Studierenden für den Arbeitsmarkt vorzubereiten.

Diese Änderung fordert auch die Hochschulpastoral zu einer Stellungnahme heraus. Die größte Anforderung besteht m. E. heute darin, vor dem Hintergrund des wachsenden Leistungsdrucks ein neues sozial verträgliches Szenario zu entwickeln. KSG oder KHG (Katholische Hochschulgemeinde) sind heute diejenigen, die in Erinnerung rufen, dass jeder, auch Studierende, ungeachtet seiner Leistungen Anerkennung und Respekt verdienen. Dazu gehört auch, daran zu erinnern, dass Ausbildung vor allem bedeutet, Begabungen zu fördern. Hochschulpastoral heute, vor dem Hintergrund wachsender Anforderungen und vermehrten Scheiterns, heißt die Unverzichtbarkeit und Einmaligkeit jedes Studierenden neu ins Bewusstsein zu rücken.

 

© Pastoralreferentin Sabine Kamp, Kiel
Studierendenseelsorgerin (bis 2015)